Service- und Vernetzungsstelle
für Gleichstellungsbeauftragte in Rheinland-Pfalz

Expertise für den dritten Gleichstellungsbericht

Die Geschäftsstelle des Dritter Gleichstellungsbericht der Bundesregierung stellte Ende April eine „Expertise für den Dritten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung“ vor, die unter dem Titel „Covid-19, Gender und Digitalisierung“ erarbeitet wurde. Die Expertise, so heißt es, analysiere die Themenfelder des Gutachtens an der Schnittstelle zwischen Covid-19, Gender und Digitalisierung aus „intersektionaler Perspektive“ und informiere „über blinde Flecken der Pandemie“. Obwohl Covid-19 „die erste Pandemie der digitalisierten Gesellschaft“ sei, ständen „interdisziplinäre wissenschaftliche Arbeiten, die das Zusammenspiel der drei Aspekte beleuchten, größtenteils noch aus“.

Das BMFSFJ wird mit den anderen Ressorts der Bundesregierung eine Stellungnahme zum Gutachten der Sachverständigenkommission („Digitalisierung geschlechtergerecht gestalten“) erstellen, die vom Bundeskabinett beschlossen werden muss. Gutachten und Stellungnahme bilden den Dritten Gleichstellungsbericht, der dem Bundestag zugeleitet und von diesem veröffentlicht werden wird.

Download der Expertise über https://www.dritter-gleichstellungsbericht.de/kontext/controllers/document.php/129.d/a/863ce4.pdf

Das Gutachten der Sachverständigenkommission ist zugänglich über https://www.dritter-gleichstellungsbericht.de/de/topic/73.gutachten.html

Quelle: fpd 782

12. dbb Bundesfrauenkonferenz 2021: „Gleichstellung in allen Politikfeldern“

Der 12. dbb Bundesfrauenkongress 2021 tagte erstmals im digitalen Format und legte die Grundsätze für die frauenpolitische Arbeit im dbb beamtenbund und tarifunion für die nächsten 5 Jahre fest. Als „wichtigste Kernziele“ wurden „eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an Führungspositionen im öffentlichen Dienst sowie die paritätische Besetzung politischer Entscheidungsgremien, eine Verzahnung von moderner Arbeitsmarkt- und Frauenpolitik, Partnerschaftlichkeit bei der Aufteilung privater Sorgearbeit und ein gendergerechtes Steuerrecht, dem ein wirkungsvolles Familiensplitting zugrunde liegt“, festgelegt.

Milanie Kreutz, die als Vorsitzende der dbb bundesfrauenvertretung wiedergewählt wurde, erklärte, die Corona-Krise zeige „deutlich auf, wo es bei der Gleichstellung in der Arbeitswelt hakt“. Wörtlich: „Ob bei der Organisation von Arbeitszeit bei der Digitalisierung im öffentlichen Sektor oder in der Bildung, bei der Besetzung von Führungspositionen und in der Gestaltung einer familienorientierten Steuerpolitik: Die Trennung von Erwerbswelt und privatem Familienleben ist unmöglich. Deshalb setzen wir auf eine gemeinsame Strategie mit der dbb Bundesleitung, um Gleichstellung in allen Politikfeldern umzusetzen.“

Digitalisierung als Gelegenheitsfenster für die Gleichstellung

Die interdisziplinäre Sachverständigenkommission für den Dritten Gleichstellungsbericht hat die Digitalisierung aus einer soziotechnischen Perspektive unter die Lupe genommen. Der soziotechnische Ansatz macht sichtbar, dass sich Digitalisierung in einem gesellschaftlichen Kontext abspielt. Zu diesem Kontext gehören auch Geschlechterverhältnisse, die sich auf den Zugang zu digitaler Technologie, die Art und Möglichkeit ihrer Nutzung und ihre Gestaltung auswirken. So führen beispielsweise durch Stereotype geprägte Unternehmenskulturen oder schlechte Bedingungen für die Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit mit der Sorge für Kinder oder andere Angehörige dazu, dass Frauen schlechter Zugang in die Digitalbranche finden. Zudem bleiben sie häufig nicht lange in der Branche und können so die Möglichkeiten eines solchen Arbeitsplatzes nicht nutzen. In der Gestaltung von Software spiegeln sich Geschlechterverhältnisse in Beispielen wie diesen wider: Ein Künstliche-Intelligenz-Chatbot, der mit Hilfe von Spracherzeugungswerkzeugen wie Googles GPT-3 philosophische Texte erstellen soll, produzierte auf Basis des aus dem Netz gelernten frauenfeindliche und rassistische Ausfälle.
Wer schon einmal etwas aus einer Fremdsprache übersetzt hat, weiß, dass Wörter nur in ihrem Kontext Sinn ergeben. Übersetzung bedeutet dabei immer auch eine Interpretation des Kontexts. Ähnlich verhält es sich mit der Digitalisierung, d. h. der mathematischen Übersetzung der Welt in Daten und Algorithmen. Fehlt dieser Kontext, passiert es, dass technologische Anwendungen am gesellschaftlichen Bedarf vorbei eingeführt werden oder ihn sogar konterkarieren. In Bezug auf Gleichstellung bedeutet dies: Ebenso wie die Gesellschaft durch Geschlechterverhältnisse geprägt ist, ist auch die Digitalisierung durch Geschlechterverhältnisse geprägt. Technik und auch der Prozess der Digitalisierung sind also nicht (geschlechts-)neutral.
Die Digitalisierung öffnet ein Gelegenheitsfenster, um herrschende Geschlechterverhältnisse sichtbar zu machen, Rollenzuschreibungen zu hinterfragen und Machtverhältnisse neu zu verhandeln. Vor diesem Hintergrund reflektiert das Gutachten die geschlechtsbezogenen Auswirkungen der Digitalisierung in unterschiedlichen Bereichen: der Digitalbranche, der digitalen und digitalisierten Wirtschaft sowie der Gesellschaft. Inwieweit die Gleichstellung der Geschlechter im Zuge der technologischen Veränderungen zunimmt oder abnimmt, hängt entscheidend von den Rahmenbedingungen der digitalen Transformation und deren Gestaltung ab. Das Gutachten zeigt hier mit 101 Handlungsempfehlungen für eine geschlechtergerechte Gestaltung der Transformation zahlreiche Handlungsoptionen auf.

Kabinettsbeschluss zum Dritten Gleichstellungsbericht

 

Nachdem das Gutachten für den Dritten Gleichstellungsbericht im Januar an das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) übergeben wurde, hat die Bundesregierung mit allen Ressorts eine Stellungnahme zum Gutachten erarbeitet.
In seiner Kabinettssitzung hat die Bundesregierung den Dritten Gleichstellungsbericht beschlossen. Der Dritte Gleichstellungsbericht besteht aus der Stellungnahme der Bundesregierung zum Gutachten der Sachverständigenkommission sowie dem Gutachten selbst, das unter dem Titel „Digitalisierung geschlechtergerecht gestalten“ bereits im Januar veröffentlicht worden war. Dem Berichtsauftrag entsprechend enthält die Stellungnahme auch eine Bilanzierung des Zweiten Gleichstellungsberichts in Form einer Analyse der Rezeption des Zweiten Gleichstellungsberichts in Politik, Medien, Wissenschaft und der Zivilgesellschaft. Der Dritte Gleichstellungsbericht wird nun dem Bundestag und dem Bundesrat zugeleitet und dort besprochen und als Bundestagsdrucksache veröffentlicht werden.

In diesem Sinne hat die Sachverständigenkommission drei Voraussetzungen für eine geschlechtergerechte Digitalisierung formuliert:

  • Einen geschlechtergerechten Zugang zu relevanten Ressourcen
  • Die geschlechtergerechte Nutzung digitaler Technologie; diese könnte beispielsweise durch strukturelle Benachteiligung, Geschlechterstereotype oder geschlechtsbezogene Gewalt behindert werden.
  • Eine geschlechtergerechte Gestaltung des digitalen Transformationsprozesses; Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, aber auch Technikentwicklung und -gestaltung sind hier angesprochen.

Die Sachverständigenkommission hat ihr Gutachten anhand der folgenden Bereiche der Digitalisierung strukturiert: die Digitalbranche, die digitale Wirtschaft, die digitalisierte Wirtschaft und die Digitalisierung der Gesellschaft. Zudem wurden gleichstellungspolitische Strukturen und Instrumente betrachtet. Diese Bereiche analysierte die Sachverständigenkommission mit Blick auf die Verwirklichungschancen von Frauen und Männern und formulierte darauf aufbauend Handlungsempfehlungen für Politik und Verwaltung in Bund, Ländern, Kommunen, aber auch an Unternehmensleitungen und Betriebsrät*innen, Hochschulen, Forschungseinrichtungen sowie die Zivilgesellschaft.

Weitere Hintergrundinformationen zu Abläufen und Bestandteilen der Gleichstellungsberichte finden Sie auf der Website des dritten Gleichstellungsberichts.

Digitalisierung geschlechtergerecht gestalten
Die Broschüre „Das Gutachten für den Dritten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung in Kürze“ informiert eingängig über die zentralen Inhalte und Handlungsempfehlungen des Gutachtens. Die Broschüre steht als PDF-Version zum Download zur Verfügung und kann in der Printversion bei der Geschäftsstelle per Email kostenlos bestellt werden.

Frauen in Rheinland-Pfalz – Mehrheit in der Landesregierung – Minderheit im Landtag

In der künftigen Landesregierung von Rheinland-Pfalz wird das politische Gewicht der Führungsfrauen weiter zunehmen, da nach dem Wechsel von Volker Wissing zu Daniela Schmitt auch bei der FDP in der rot-gelb-grünen Ampel eine neue Spitzenkandidatin neben Malu Dreyer (SPD) und Anne Spiegel (Grüne) getreten ist. Im Kabinett wird sich die Mehrheit der Frauen weiter vergrößern, wenn Daniela Schmitt, bisher Staatssekretärin, Wirtschaftsministerin geworden ist. Der Trierer Politikwissenschaftler Uwe Jun nannte dies (in der „RZ“) eine „ungewöhnlich Konstellation“ und fügte hinzu: „Davon geht die Botschaft aus, dass Frauen in der Politik viel bewegen können – zumindest in Rheinland-Pfalz.“ – Demgegenüber gehören dem neu gewählten 100 Mitglieder starken Landtag von Rheinland-Pfalz nur 32 Frauen an, 2 weniger als bisher. Die Frauenanteile der Fraktionen betragenen 41 % bei der SPD, 22,6 % bei der CDU, 50 % bei den Grünen, 33,3 % bei der FDP, 16,7 % bei den Freien Wählern und 11,1 % bei der AfD.

Quelle: fpd 779