Das Ergebnis einer Analyse der Forscher am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), Dr. Benjamin Lochner und Prof. Dr. Christian Merkl (IAB-Kurzbericht 8/2023), lautet: „Frauen bewerben sich seltener auf gut bezahlte Stellen als Männer. Das erklärt einen erheblichen Teil des Gender Pay-Gaps.“ Demnach betrage der Frauenanteil im Bewerbungspool von Hochlohnbetrieben im Mittel 36 Prozent, obwohl das Einstellungsverhalten zeige, dass beide Geschlechter im Durchschnitt in etwa die gleiche Chance hätten, ausgewählt zu werden.
Zudem gebe es Jobs mit Stellenmerkmalen, die von Betrieben besonders hoch entlohnt, jedoch von Frauen weniger als von Männern akzeptiert würden, erklärte Lochner gegenüber dem IAB-Forum. Zu nennen seien hier vor allem „arbeitgeberseitige Flexibilitätsanforderungen“, wie z. B. Überstunden, Dienstreisen oder wechselnde Arbeitsorte. Bei solchen Stellen liege der Anteil der Frauen unter den Bewerber*innen bei nur 30 Prozent. Grund hierfür sei, dass Frauen im Durchschnitt mehr Sorgearbeit als Männer übernähmen und die oft großen Pendeldistanzen zu Hochlohnbetrieben. Dieses „geschlechterspezifische Bewerbungsverhalten“ treibe „die Verdienstunterschiede stärker als das oft angesprochene geschlechtsspezifisch individuelle Verhandlungsgeschick“, so Lochner. Dieser fordert zur Reduzierung der Verdienstlücke die Betriebe auf, ihre Flexibilitätsanforderungen zu überdenken. Ein zusätzlicher Ansatzpunkt sei die Verbesserung der Kinderbetreuungsmöglichkeiten. Außerdem sind beide Forscher davon überzeugt, dass die „Gleichverteilung“ von Sorgearbeit zwischen Männern und Frauen die Unterschiede im Bewerbungsverhalten und damit die Verdienstlücke reduzieren kann.
Quelle: fpd 832