Service- und Vernetzungsstelle
für Gleichstellungsbeauftragte in Rheinland-Pfalz

Erläuterung

Zu § 7:

Absatz 1 sieht die vorrangige Einstellung und Beförderung von Frauen in Bereichen vor, in denen sie nach § 4 Abs. 3 unterrepräsentiert sind. Das Gesetz enthält damit eine Quotierungsbestimmung, die dann greift, wenn im Vergleich zu männlichen Mitbewerbern gleichwertig qualifizierte Frauen für die entsprechenden Stellen zur Verfügung stehen, es sei denn, es liegt ein Härtefall i.S. von § 9 vor. Der Europäische Gerichtshof hatte sich in zwei Entscheidungen mit der Zulässigkeit von Bevorzugungsregelungen für Frauen zu befassen. Nach der Kalanke- Entscheidung vom 17. Oktober 1995 (Rechtssache C450/ 93) und der Marschall- Entscheidung vom 11. November 1997 (Rechtssache C- 409/ 95) sind Bevorzugungsregelungen für gleichwertig qualifizierte Frauen zulässig, wenn:

  • in jedem Einzelfall eine automatische Bevorzugung vermieden wird,
  • und dies dadurch sichergestellt wird, dass alle Bewerbungen Gegenstand einer objektiven Beurteilung sind, bei der alle die Person der Bewerber betreffenden Kriterien berücksichtigt werden und der den weiblichen Bewerbern eingeräumte Vorgang entfällt, wenn eines oder mehrere Kriterien zugunsten des männlichen Bewerbers überwiegen und solche Kriterien gegenüber den weiblichen Bewerbern keine diskriminierende Wirkung haben.

(Vgl. auch die Ausführungen zu § 9).

Eignung, Befähigung und fachliche Leistung sind unbestimmte Rechtsbegriffe, die den Dienststellen einen Beurteilungsspielraum eröffnen und eine Gewichtung der einzelnen Auswahlkriterien ermöglichen, solange die Qualifikationsmerkmale insgesamt Gleichwertigkeit ergeben.

Absatz 2 Satz 1 stellt klar, dass Eignung, Befähigung und fachliche Leistung ausschließlich nach den Anforderungen der zu besetzenden Stelle oder des zu vergebenden Amtes zu beurteilen sind. Diese Anforderungen sind vor Beginn des Bewerbungsverfahrens genau zu bestimmen. Die Kriterien Dienstalter, Lebensalter und Zeitpunkt der letzten Beförderung sind als solche nicht Bestandteil der Qualifikation. Die genannten Kriterien haben sich in der Vergangenheit als besonderes hemmend erwiesen; bei der Anwendung dieser Kriterien ist nach der o.g. EuGH- Rechtsprechung eine diskriminierende Wirkung für Frauen auszuschließen. Diese Kriterien können daher nur insoweit Berücksichtigung finden, als sie tatsächlich konkret feststellbar in der Qualifikation, also auch in der Beurteilung niederschlagen. Gesetzliche oder laufbahnrechtliche Mindest- oder Höchstaltersgrenzen bleiben unberührt.

Nach Absatz 2 Satz 3 sind bei der Beurteilung der Qualifikation Erfahrungen aus der Familienarbeit zu berücksichtigen. Die Berücksichtigung bestimmter Schlüsselqualifikationen, wie Fähigkeiten im Umfang mit Menschen, Fähigkeit zur Teamarbeit, Kompromissfähigkeit, hohe Belastbarkeit und Flexibilität, welche bei der Familienarbeit erworben werden können, ist durch Artikel 33 Abs. 2 GG nicht ausgeschlossen. Vielmehr ist es ein sachgerechter Auswahlgesichtspunkt, wenn die genannten spezifischen Qualifikationen, sofern sie für die Stelle benötigt werden, mit herangezogenen werden müssen. Die fachliche Arbeit in weiten Bereichen der öffentlichen Verwaltung ist auf die Einbringung sozialer Kompetenzen angewiesen.

Absatz 3 soll sicherstellen, dass die genannten Unterbrechungen bzw. Behinderungen des Erwerbsverlaufs bei der Beurteilung der Qualifikation nicht zuungunsten einer Bewerberin oder eines Bewerbers ausgelegt werden. Andere soziale Auswahlkriterien, z.B. Schwerbehinderung, bleiben unberührt. Erfahrungsgemäß führen die genannten „Hindernisse“ in der Erwerbsbiographie von Frauen zu einer Benachteiligung bei Personalentscheidungen.

Quelle:

Ministerium für Kultur, Jugend, Familie und Frauen (Hrsg.): Informationen zum neuen Landesgleichstellungsgesetz Rheinland-Pfalz. Gesetzestext mit Erläuterungen. Mainz, 1999.

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