Service- und Vernetzungsstelle
für Gleichstellungsbeauftragte in Rheinland-Pfalz

Bel Sparkassen und Volksbanken zieht das neue „Führungspositionengesetz“ nicht

Die „Süddeutsche Zeitung“ meldete unter Berufung auf eine ihr vorliegende „Studie des Analysehauses Barkow Consulting“: „Die deutschen Sparkassen bleiben fest in Männerhand. Am 30. Juni 2021 waren von den 911 Vorstandsmitgliedern der 373 Institute gerade einmal 53 weiblich.“ Dies entspreche einer Frauenquote von 5,82 Prozent, was im Vergleich zum vorherigen Quartal sogar eine leichte Verschlechterung bedeute. Unter allen Beschäftigten der Sparkassen seien hingegen 63 Prozent weiblich. Die Auswertung der Zahlen „vor dem Hintergrund des Führungspositionengesetzes II“ zeige, dass das neue Gesetz, das für Körperschaften des öffentlichen Rechts eine Mindestbeteiligung von einer Frau schon ab 2 Vorstandsmitgliedern vorschreibe, zwar für 155 Sozialversicherungsträger gelte, nicht jedoch für die Sparkassen. Diese seien zwar öffentlich-rechtliche Anstalten, lägen aber nicht im Eigentum des Bundes, sondern befänden sich In kommunaler Trägerschaft. Unterlägen künftig auch die Sparkassen dem FüPoG II, dann wären sie mit einer Frauenquote in den Vorständen von 41,27 Prozent „fast paritätisch besetzt“.
Der Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ kennzeichnet auch die Führungsgremien der Volks- und Raiffeisenbanken als „reine Männerbastion“. Da sie genossenschaftlich organisiert seien, unterlägen sie ebenfalls keinen gesetzlichen Regelungen zur Frauenquote. 57 Prozent aller dort Beschäftigten seien Frauen. In den Vorständen der 839 Banken dieser Gruppe betrage der Frauenanteil aber nur 4,4 Prozent.
Quelle: fpd 789

Keine Klagen gegen Frauen-Vorstandsquoten im neuen „Führunqspositionengesetz“?

Die Reform des Führungspositionengesetzes ist mit der Veröffentlichung des „Zweiten Führungspositionengesetzes (FüPoG II)“ in Kraft getreten. Kernelement des Gesetzes ist die Vorschrift, dass börsennotierte und paritätisch besetzte Unternehmen in Deutschland mit mehr als 2.000 Beschäftigten und mehr als 3 Vorstandsmitgliedern bei Nachbesetzungen sicherstellen müssen, dass mindestens eine Frau dem Vorstand angehört. Justiz- und Frauenministerin Christine Lambrecht war maßgeblich am FüPoG-II-Projekt beteiligt. Sie feiert die Reform als „Meilenstein für die Frauen in Deutschland“. Lambrecht: „Mit dem Gesetz sorgen wir dafür, dass mehr hoch qualifizierte Frauen ins Top-Management aufsteigen können.“ Weiter: „Mehr Frauen in Vorstandsetagen bereichern die Wirtschaft und haben eine wichtige Vorbildfunktion, die auch in die übrigen Bereiche der Unternehmen ausstrahlt.“
In der Wirtschaft waren die Eingriffe des Staates in die Unternehmensorganisation zunächst als rechtlich fragwürdig politisch bekämpft worden. Bereits 2015 beim ersten Führungspositionengesetz war die damals beschlossene Frauen-Mindestquote für Aufsichtsräte als Verletzung der Organisationshoheit der Unternehmen kritisiert worden. Es war davon die Rede, dass renommierte Anwaltskanzleien mit den Vorbereitungen für eine verfassungsrechtliche Überprüfung der vom Gesetzgeber in Anspruch genommenen Interventionsrechte befasst seien. Ein absehbarer „Übergriff“ in die Eigentumsrechte sollte insbesondere durch Vorschriften zur Unternehmensführung im Vorstand, also nicht nur zur Unternehmenskontrolle im Aufsichtsrat, frühzeitig rechtlich abgeblockt werden.
Quelle: fpd 789

Veranstaltungsreihe zum Dritten Gleichstellungsbericht

Die Geschäftsstelle Dritter Gleichstellungsbericht der Bundesregierung, die Europäische Akademie für Frauen in Politik und Wirtschaft (EAF) und das Harriet Taylor Mill-Institut für Ökonomie und Geschlechterforschung starten gemeinsam eine Veranstaltungsreihe zum Thema „Digitalisierung geschlechtergerecht gestalten“. Die Veranstaltungen sollen dazu beitragen, die Handlungsempfehlungen im Gutachten zum Gleichstellungsbericht zur geschlechtergerechten Gestaltung der Digitalisierung „gemeinsam zu diskutieren, weiterzuentwickeln und sie nachhaltig zu verankern“. Wörtlich: „Wir möchten mit Ihnen Erfahrungen und Wissen im Themenfeld Digitalisierung und Gleichstellung austauschen und konkrete Aufträge an entscheidungsfähigen Akteur*innen z.B. in Politik und Wirtschaft formulieren.“ Alle Veranstaltungen werden online durchgeführt.
Quelle: fpd 789

Erstes Treffen der G20 Gleichstellungsministerinnen und -minister mit Schwerpunkt Wirtschaft und Arbeitsmarkt

Zum ersten Mal überhaupt gab am 26.08.2021 ein Treffen der Gleichstellungsministerinnen und -minister der G20. Die „Conference on Women’s Empowerment“ wurde von Italien in Santa Margherita Ligure ausgerichtet. Italien hat 2021 den Vorsitz der G20-Staatengemeinschaft inne. Bislang gab es für Gleichstellungsthemen kein eigenständiges G20-Format. Die Premiere nun zeigt die gewachsene Bedeutung der Gleichstellung im internationalen Kontext.

Die Konferenz hat sich ins besonders mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Gleichstellung der Geschlechter befasst. Der Schwerpunkt lag auf der ökonomischen Perspektive. Aus aktuellem Anlass wurde ebenfalls über die dramatische Situation von Frauen und Mädchen in Afghanistan gesprochen. Daneben standen auch Themen wie Nachhaltigkeit und Digitalisierung sowie der Gewaltschutz von Frauen auf der Agenda.

Für die Bundesregierung war Juliane Seifert, Staatssekretärin des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vor Ort: „Gerade bei der Bewältigung der Corona-Pandemie brauchen wir den Blick und den Einsatz für tatsächliche Gleichstellung zwischen Männern und Frauen. Ein wichtiger Bereich ist dabei der Arbeitsmarkt. Unser Ziel ist eine faire Aufteilung von bezahlter Erwerbs- und unbezahlter Sorgearbeit und mehr qualifizierte Frauen in Führungspositionen. Die Gleichstellung der Geschlechter ist eine Aufgabe, die wir nur gemeinsam und in internationaler Kooperation erreichen können. Mit der G20-Konferenz setzen wir dafür ein wichtiges Signal. Es ist zudem richtig und wichtig, dass die italienischen Gastgeber aus aktuellem Anlass auch über die Lage in Afghanistan sprechen wollen. Uns eint die Sorge über die Situation der Frauen und Mädchen dort, die Wahrung ihrer grundlegenden Rechte und Zugang zu Bildung und Arbeitsmarkt.“

Die Konferenz gliederte sich in zwei inhaltliche Panels, die sich mit der Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt und der Gleichstellung in der Digitalisierung sowie den Naturwissenschaften (MINT) befassten. Auch die Verringerung des Gender Pay Gaps sowie die Steigerung der Erwerbsbeteiligung von Frauen waren Themen. Zusätzlich zu den G20 Gleichstellungsministerinnen und -ministern waren Vertreterinnen und Vertreter internationaler Organisationen sowie der Zivilgesellschaft, wie unter anderem OECD, ILO (International Labour Organisation) und UN Women, vertreten.

Quelle: Pressemitteilung des Bundesfamilienministeriums

Jahreskonferenz der Gleichstellungs- und Frauenminister*innen der Länder 2021

Gleichstellung bei Erwerbs- & Sorgearbeit
Die „gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern am Berufs- und Familienleben“ war das Hauptthema der 31. Konferenz der Gleichstellungs- und Frauenminister*innenkonferenz der Länder (GFMK), die im Juni stattfand.
Die GFMK-Vorsitzende, Stefanie Drese, Sozial- und Gleichstellungsministerin von Mecklenburg-Vorpommern, erwartet, dass von der diesjährigen Konferenz „ein starkes Signal für eine partnerschaftliche Verteilung von Erwerbs­ und Sorgearbeit“ ausgeht. Die Vereinbarkeit beider Arbeiten sei kein Frauenthema. Vielmehr müssten Frauen und Männer, Unternehmer und Sozialpartner gemeinsam Lösungen erarbeiten. Aufgabe der staatlichen Ebenen sei es, die entsprechenden Rahmenbedingungen festzulegen. Konkret benannte Drese „die weitere Ausgestaltung der Arbeitszeitflexibilisierung (z.B. Home-Office) mit Blick auf Chancen und Risiken, den Abbau von einkommensteuerlichen Anreizen, die eine traditionelle Aufgabenteilung fördern (z.B. Ehegattensplitting) und die stärkere Inanspruchnahme von Elterngeld und Elternzeit durch Väter“. Im Bereich der öffentlichen Infrastruktur ständen der Ausbau einer flächendeckenden, qualitativ hochwertigen, flexiblen und „idealerweise beitragsfreien“ Kinderbetreuung, die Stärkung der pflegerischen Infrastruktur sowie Maßnahmen zur Inanspruchnahme von externen Dienstleistungen im Mittelpunkt.

Kampf gegen Gewalt an Frauen
Der inzwischen vollzogene Austritt der Türkei aus der Istanbul-Konvention hat die GFMK zu scharfem Protest veranlasst. Die Konvention sei „ein Meilenstein auf dem Weg, Mädchen und Frauen vor den unterschiedlichsten Formen von geschlechtsspezifischer Gewalt und vor häuslicher Gewalt zu schützen“ betonte die nordrhein-westfälische Kommunal- und Gleichstellungsministerin lna Scharrenbach. Weiter: „Die Kündigung des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt durch die Türkei verurteilen wir scharf. Es ist unsere Pflicht, dafür Sorge zu tragen, dass die jahrzehntelangen Errungenschaften im Bereich der Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen in der Europäischen Union nicht vergebens sind. Die Kündigung der Konvention wird der Türkei und den Frauen in der Türkei ein wichtiges Instrument im Kampf gegen Gewalt entziehen.“
Auf Antrag von Bayern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Saarland und Mecklenburg-Vorpommern wird die GFMK die Bundesregierung ersuchen, „auf europäischer Ebene auf einheitliche Schutzstandards in den Bereichen Prävention, des Opferschutzes, der Strafverfolgung und einer grenzüberschreitenden Zusammenarbeit hinzuwirken, soweit eine Kompetenz der Europäischen Union dafür besteht“. Weiter: „Der von der Europäischen Kommission geplante Legislativvorschlag zur Bekämpfung von geschlechtsspezifischer Gewalt sollte im Rahmen des Möglichen auch die Inhalte der Istanbul-Konvention enthalten.“

Rollenstereotype & Diskriminierung
Die Gleichstellungs- und Frauenminister*innen beschlossen ferner eine Initiative aus Mecklenburg-Vorpommern, die die Stärkung der Position von Frauen in der Computer- und Videospielbranche und der Gaming Community zum Ziel hat. Die Schweriner Gleichstellungsministerin Drese verwies auf die Absicht der Bundesregierung, in den kommenden Jahren 250 Millionen Euro in die Computerspielförderung zu investieren. Drese: „Die Computerspielbranche ist ein Wirtschaftszweig im Aufwind. Wir setzen uns für den Abbau von Rollenstereotypen und Diskriminierung in Computerspielen ein und unterstützen ausdrücklich die Kampagne ‚Hier spielt Vielfalt‘ der Games-Branche.“ Die GFMK spreche sich dafür aus, „darauf zu achten, dass vor allem innovative, auf Vielfalt ausgerichtete Spiele im Vordergrund stehen, die Geschlechterstereotype aufbrechen und sie nicht reproduzieren“. Darüber hinaus sollen Ausbildungs- und Studiengänge für Game Design oder Programmierung so ausgelegt werden, „dass sie auch für junge Frauen attraktiver werden“.

„Frauen an die Macht!“
Einstimmig hat die GFMK auf Antrag des Landes Berlin einen auf die Bundestagswahl ausgerichteten Aufruf unter dem Titel „Frauen an die Macht! – Für eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in allen Bereichen der Gesellschaft“ beschlossen. Darin wird festgestellt, dass trotz aller Fortschritte immer noch Frauen von Diskriminierung aufgrund des Geschlechts betroffen seien. „Aus Sicht der GFMK liegen die Gründe für die anhaltende geschlechtsbezogene Diskriminierung von Frauen in institutionellen und gesellschaftlichen Strukturen, in denen das Machtgefälle zwischen Frauen und Männern zu Ungunsten von Frauen verankert ist“, heißt es in der Entschließung. Dass Frauen trotz dieser Benachteiligungen maßgeblich zum Gelingen der Gesellschaft beitrügen, habe die Corona-Pandemie eindrücklich gezeigt. Immer mehr Frauen und ihre Vereinigungen forderten deshalb „in nahezu allen Bereichen die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an Entscheidungen ein“. Dies bedeute, wie die Bundeskanzlerin festgestellt habe, „Parität in allen Bereichen der Gesellschaft“.

Die Beschlüsse der 31. GFMK sind unter https://www.gleichstellungsministerkonferenz.de/Beschluesse.html abrufbar.

Quelle: fpd 787

Frauenverbände erneuern ihre „Berliner Erklärung“ mit Forderungen zur Bundestagswahl

Das seit 2011 existierende „überfraktionelle Bündnis der Berliner Erklärung“ mit frauen- und gleichstellungspolitischen Forderungen zu den Bundestagswahlen hat seine Aussagen zur Bundestagswahl 2021 formuliert. Seine Positionen kann unter www.berlinererklaerung.de nachgelesen werden. In der Präambel heißt es: „Die Gleichberechtigung von Frauen und Männern – dieser Anspruch des Grundgesetzes ist immer noch nicht eingelöst. Noch immer versäumt es der Staat, ausreichend auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinzuwirken.“ Weiter wird andererseits an gleicher Stelle zugestanden: „Wir – die 21 Verbände der Berliner Erklärung – repräsentieren mit unseren Vertreterinnen und Verbündeten aus sehr unterschiedlichen Berufs- und Tätigkeitsfeldern Frauen in all ihrer Vielfalt. Bei der letzten Bundestagswahl waren wir sehr erfolgreich, Gleichstellung bundesweit voranzubringen. Doch es ist Zeit für mehr. Parität. Ohne Ausnahmen! Deshalb fordern wir anlässlich der Bundestagswahl 2021:

  • Parität in allen gesellschaftlichen Bereichen
  • Gleiche Bezahlung und gleiche Bedingungen in der Arbeitswelt
  • Gleichstellung als Leitprinzip in allen Politikfeldern
  • Für alle Frauen ein Leben frei von Gewalt“

Zu den Verbänden der Berliner Erklärung gehören u.a. die Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen, die dbb bundesfrauenvertretung, die Arbeitsgemeinschaft Anwältinnen, der Arztinnenbund, ferner Akademikerinnenbund, Ingenieurinnenbund, der Deutsche LandFrauenverband und der FidAR – Frauen in die Aufsichtsräte e.V.

Quelle: fpd 787