Service- und Vernetzungsstelle
für Gleichstellungsbeauftragte in Rheinland-Pfalz

Erläuterung

Zu § 9:

§ 9 eröffnet zur Wahrung der verfassungsrechtlich notwendigen Einzelfallgerechtigkeit die Möglichkeit, aus schwerwiegenden Gründen in der Person eines männlichen Mitbewerbers von der Vorrangregel der §§ 7 Abs. 1, 8 abzuweichen. Wenn auf der Seite der männlichen Bewerbers eine erhebliche Benachteiligung festzustellen ist, kann sie gegenüber der grundsätzlichen Bevorzugung der Frau Vorrang verdienen.

Die Härteklausel entspricht den Anforderungen der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 17. Oktober 1995 (Rechtssache 450/ 93), wonach Artikel 2 Abs. 1 und 4 der Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 09. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen einem automatischen bzw. absoluten unbedingten Vorrang von Bewerberinnen gegenüber Bewerbern entgegensteht. Nachdem die gleichwertige Qualifikation festgestellt ist und nach § 7 Abs. 1 bzw. § 8 Abs. 1 oder 2 eine Bevorzugung der Bewerberin in Betracht zu ziehen ist, nach § 9 in jedem Einzelfall das Vorliegen von Härtegründen zu prüfen. Diese Gründe dürfen nach der Marschall- Entscheidung des EuGH vom 11. November 1997 (Rechtssache C-409/95) ihrerseits die Mitbewerberin nicht diskriminieren.

Unbeachtlich bleiben im Hinblick auf die Ziele dieses Gesetzes (vgl. § 1 Abs. 1) allerdings solche Gründe, die in der traditionellen Geschlechtsrolle begründet sind. Die Schwerbehinderteneigenschaft kann ein schwerwiegender Grund im Sinne dieser Vorschrift sein. In der vorzunehmenden Interessenabwägung sind die persönlichen Belange der Bewerberin und des Bewerbers abzuwägen. Das Bundesarbeitsgericht hat in dem Umstand, dass ein Mitbewerber verheiratet ist und zwei Kinder hat, keinen Härtefall gesehen (BAG- Beschluss vom 22. Juni 1993 -1 AZR 590/ 92-).

Quelle:

Ministerium für Kultur, Jugend, Familie und Frauen (Hrsg.): Informationen zum neuen Landesgleichstellungsgesetz Rheinland-Pfalz. Gesetzestext mit Erläuterungen. Mainz, 1999.

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